Wenn man so wie ich die Nacht zum Tag macht, dann ist ein Läuten an der Türe um 09:00 Uhr in der Früh so etwas wie eine nächtliche Ruhestörung.
Nur mit größten Mühen rollte ich mich von meinem Sofa runter. Ich bin wohl beim Streamen gestern in voller Montur eingeschlafen. Macht nichts, dass würde Zeit sparen und mir so einen zusätzlichen Kaffee ermöglichen.
Mit zwei Augenschlitzen, die nicht größer waren als die von Clint Eastwood in seinen besten Tagen, ginge ich daran, mich bis zu der Eingangstüre zu robben, wo ich langsam die Türe einen spaltweit öffnete.
Ich musste meinen Blick erst senken, um Paul den Buchhalter zu entdecken. Er war klein und dick, hatte eine Glatze auf dem Kopf und einige wenige Haare, die wie Fransen eines Teppichs seitlich hinunter vielen. Seine Hornbrille umrahmte seine kleinen Augen, die sonnst in dem dicken Gesicht kaum zu sehen gewesen wären. Er schwitzte wie ein Bergarbeiter, der in zwei Kilometer Tiefe die Kohle mit seiner Hacke aus dem Fels schlug.
Innerlich stürzte ich mich die fünf Stockwerke von meinem Büro bis auf die Straße hinunter und schlug dort mit einem kaum hörbaren dumpfen Geräusch auf. Äußerlich ganz Geschäftsmann, konnte ich mich natürlich sagen hören:
„Hallo Paul, was zum … ich meine, was machst du so zeitlich hier? Haben wir einen Termin?“ Paul starte mich mit seinen weit aufgerissenen Augen an. Schweiß stand ihm auf der Stirn und sein nach Kohl riechender Atem lässt meinen Magen den Aufstand üben. Nur mit einigen Mühen konnte ich mein Unwohlsein verbergen.
„Entschuldige Bobby, ich brauche dich unbedingt! Ich halte das nicht mehr aus. Du musst mir helfen.“ Ich konnte die Not aus jedem seiner Worte wahrnehmen, was auch mich hart gesottenen Burschen, der ich nun mal bin, nicht kalt ließ.
Ich öffnete also die Türe, bat ihm herein und wies auf den Sessel, der vor meinen Schreibtisch stand. Während er sich setzte, holte ich zwei Tassen und den aufgewärmten Kaffee von gestern. Ich goss uns ein und er zündete sich eine Zigarette an, die er hastig rauchte.
„Was ist los Paul?“, fragte ich mit aller mir um diese Uhrzeit zur verfügung stehenden Empathie. „Du siehst nicht gut aus.“
„Er macht mich fix und fertig. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich mitmachen muss.“, sagte er noch immer sehr aufgeregt.
Tatsächlich konnte ich mir das ganz gut vorstellen. Er war Buchhalter von Drei-Finger-Joe, einem Autohändler ohne Moral und wie der Name ja schon sagt, mit zwei Fingern zu wenig auf seiner linken Hand. Einst war Drei-Finger-Joe ein Fünf-Finger-Joe und noch dazu ein netter Kerl, bis er auf den kollerigen Hamster seiner kleinen Tochter stieß. Dieser biss ihn in zwei seiner fünf Finger, als Joe versuchte ihm zu streicheln. Die Wunde, unbeachtet und unversorgt, entzündete sich und machten aus ihn einen Drei-Finger-Joe, der mindestens so kollerig wie der verdammte Hamster war.
„Er ruft mich an, stellt mir Fragen und während ich noch in den Büchern suche, stellt er mir schon die nächsten Fragen. Und kaum presse ich die Antwort seiner ersten Frage aus meinen Lippen, stellt er mir schon die Nächste und dann gleich noch eine Frage. Er ist ein Tier ohne Geduld und ohne Gnade. Ich dachte mir, …“
Ich hielt ihn zurück, seinen Satz mit der üblichen Bitte um Hilfe, ein weiteres Mal zu wiederholen. Ich kannte das schon zu genüge. So waren sie meine Kunden und so war auch meine Mission, nämlich den bestmöglichen kommunikativen Weg zu finden. „Bobby the Communicator“ nannten sie mich, und ich ließ sie gewähren, denn dieser Name zementierte meinen Ruf als genialer, kommunikativer Spezialist.
„… das ich dir da aus der Patsche helfen kann, oder?“ Er nickte mit gesenkten Haupt und killte seine Zigarette im Aschenbecher. Ich stand auf ging zum Fenster und öffnete es vollständig. Nach zwei Atemzügen ging es mir wieder besser.
Paul und Drei-Finger-Joe waren erst seit kurzen meine Kunden und wussten über die mächtigen Möglichkeiten der Telefonie-App noch nicht Bescheid, die sie von mir erworben hatten. Das würde sich gleich ändern. Ich nahm mein Handy in der Hand und rief Paul an. Ich sagte ihm, das er abnehmen und mir zuhören soll. Ich ging langsam und cool wie ein Eis auf Stiel in mein Hinterzimmer, wo ich ganz kurz mein Sofa sehnsuchtsvoll anblickte.
„Das Geheimnis Paul, …“ sagte ich konzentriert, denn ich war jetzt voll in meinem Element „… liegt in der Kontrolle des Gespräches. Schau auf dein Display und du wirst drei Punkte neben dem Namen bzw. neben der Nummer deines Anrufers erkennen. Sag mir es, wenn du die drei Punkte gefunden hast.“
„Ich hab’s schon, wie gehts weiter?“, konnte ich aus den Lautsprechern wahrnehmen.
„Sehr gut, Paul!“, sagte ich ihm, um ihn ein wenig aufzurichten. Das machte ihn freilich nicht zu einem Eiffelturm, aber es gab ihm ein gutes Gefühl. Was tut man nicht alles.
„Du musst nun auf diese drei Punkte drücken. Es wird sich ein Symbolfeld öffnen und da klickst du dann auf den Telefonhörer mit den zwei senkrechten Strichen. Wenn du das getan hat, dann hört er dich nicht mehr, sondern nur Musik. Du kannst in Ruhe deine Daten rauskramen, ohne das er dich dabei in Stress versetzen kann. Wenn du dann alles hast, brauchst du nur mehr wieder auf die Nummer oder den Namen drücken und du kannst mit ihm wieder reden. Das wollen wir gleich versuchen, und zwar jetzt!“
Ich wartete zwei Sekunden, als ich plötzlich eine angenehme Musik wahrnehmen konnte. Auch die hörte ich nur wenige Sekunden, bis dann wieder die Stimme von Paul zu hören war „Hallo hat alles geklappt?“
Ich bestätigte den Erfolg, beendete das Gespräch und wir übten das noch einige Male. Freilich auch umgekehrt. Ganz nach dem Motto: „Übung macht den guten Communicator!“
Als er mich verließ, hatte ich einen sehr glücklichen Kunden mehr und einen Drei-Finger-Joe, der mir irgendwann einmal dafür dankbar sein würde. Doch diese Geschichte erzähle ich euch ein anderes mal.
Die Videobeschreibung der Halten Funktion gibts auf -> https://knowhow.auviso.com/knowledge/cloudya-app-ios-halten